Das schwarze Blut by Jean-Christophe Grangé

Das schwarze Blut by Jean-Christophe Grangé

Autor:Jean-Christophe Grangé
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Tags: Mystery, Thriller
ISBN: 9783404158089
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2006-01-01T23:00:00+00:00


KAPITEL 43

Wie ein Feuerstreifen lag die Straße in der Abendsonne.

Überwältigt von seiner Enttäuschung, fuhr Mark mit durchgetretenem Gaspedal und scherte sich nicht darum, ob er links oder rechts fuhr. Er hatte versagt. Dabei hatte ihn Reverdi ganz eindeutig in die Cameron Highlands geschickt – dort musste der Schlüssel zu einem Rätsel liegen! Und er hatte ihn nicht gefunden. Er hatte die »Wegmarken der Ewigkeit« nicht entdeckt.

Seine Reise war umsonst.

Und die Folgen unausweichlich.

»Solltest du dich irren, wird es keinen zweiten Versuchgeben«, hatte Reverdi geschrieben. Ein bitterer Geschmack brannte Mark auf der Zunge. Er schlug mit der Faust aufs Lenkrad und konzentrierte sich auf die Straße.

Der Wald zu beiden Seiten wurde dichter, der Horizont stand in lodernden Flammen. Dieses Licht war wie eine schwere, zähe rosige Flüssigkeit, in der die ganze Landschaft versank. Darin glichen die Autos bebenden, glühenden Metallpfeilen, die wie im Zeitraffer durch das Bild flogen. Es war Sonntagabend, und es herrschte ein höllischer Wochenend-Rückreiseverkehr.

Bei der Autobahnausfahrt in der Nähe von Ipoh, deren Gefährlichkeit ihm bereits auf der Hinfahrt aufgefallen war, erreichte das Chaos seinen Höhepunkt. Während die Konturen der Landschaft zusehends verschwammen, fuhren die Autos immer tollkühner und rücksichtsloser, überholten bald rechts, bald links und bald in der Mitte, wichen auf den Seitenstreifen aus, versuchten sich hupend einen Weg zu bahnen, den es nicht gab – nicht geben konnte.

Mark, der das Steuer mit beiden Händen umklammerte, fühlte sich wie im Autoscooter. Mit scharfen Ausweichmanövern vermied er immer nur um Haaresbreite den Zusammenstoß. Der ockerfarbene Staub verdunkelte sich zu Schwarz. Der Verkehr wurde langsamer, bis er schließlich nur noch im Schritttempo dahinkroch. Ölspuren schillerten auf dem Asphalt, weiter vorn stieg schwarzer Rauch auf: ein Unfall. Wenn sich die Schwaden für einen Moment verzogen, gaben sie den Blick auf eine entsetzliche Szene frei.

Ein PKW war rechts ausgeschert und frontal mit einem entgegenkommenden Lastwagen zusammengestoßen. Halb unter der LKW-Karosserie eingeklemmt, hatte das Auto Feuer gefangen und brannte lichterloh. Zwanghaft malte sich Mark aus, in welchem Zustand der Fahrer sein musste. Es war nichts von ihm zu sehen, doch die Blutlache auf der Straße, die Flammen und der Geruch sagten genug. Wie alle, konnte auch Mark nicht den Blick abwenden, als er am Unfallort vorbeifuhr – mit zusammengekniffenen Augen und voller Furcht vor dem zu erwartenden Anblick …Von Sanitätern und Notarzt war noch nichts zu sehen, doch verständigt waren sie zweifellos, denn am Straßenrand standen etliche Fahrer mit dem Mobiltelefon am Ohr. Quälend langsam kam Mark vorwärts. Als er sich erleichtert außerhalb der Gefahrenzone glaubte, sah er etwas Dunkles, Längliches im Gras liegen.

Einen Arm.

Es war ein abgetrennter Arm, den die Wucht des Aufpralls über zwanzig Meter weit geschleudert hatte.

Leute standen herum und starrten entsetzt darauf, doch niemand wagte ihn aufzuheben. Mark erschien der abgerissene Arm wie ein böses Omen: Er musste diese Ermittlung aufgeben – falls sie sich nicht ohnehin erübrigt hatte. Er spürte eine dumpfe Gefahr lauern. Schluss mit diesem Doppelspiel, sagte er sich. Er musste nach Paris zurück, so schnell wie möglich.

Im selben Moment wurde ihm klar, was ihm solche Angst machte: die noch vage Vorstellung, dass Jacques Reverdi nicht allein war.



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